Diabeteskrank und pflegebedürftig: Wie Ihr Eure Angehörigen im Altersheim unterstützen könnt

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Oberstes Therapieziel im vorgerückten Alter ist es, schwere Unterzuckerungen zu vermeiden. © Robert Kneschke / Fotolia

Jeder vierte Pflegeheimbewohner leidet unter Diabetes mellitus. Alleine in Deutschland sind über 500.000 Menschen betroffen. Häufig gesellt sich zu der Stoffwechselstörung auch noch eine Demenzerkrankung, was die Behandlung zusätzlich erschwert. Worauf bei der Therapie zu achten ist und was Angehörige tun können, erklärt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG).

Die Selbstbehandlung des Diabetes ist anspruchsvoll und stellt schon viele jüngere Patienten vor Probleme, wie die Praxis zeigt. „Da fällt es älteren Menschen naturgemäß umso schwerer, den Blutzucker richtig einzustellen“, berichtet Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel, Past-Präsident der DDG. „Zumal Diabetes und Demenz häufig zusammen auftreten, was die Situation weiter kompliziert.“

Grundsätzlich sei bei älteren, pflegebedürftigen Diabetikern in puncto der angepeilten Blutzuckerwerte Augenmaß geboten. „Bei dieser Gruppe muss die Blutzuckereinstellung nicht übertrieben scharf gehandhabt werden“, erläutert Dr. med. Anke Bahrmann, Leiterin des Arbeitskreises Telematik und Telemedizin der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Geriatrie der DDG. Für gebrechliche, ältere Diabetiker empfehlen die Experten einen HbA1c-Zielwert um acht Prozent; jüngere „Zuckersüße“ sollten einen Wert unter sieben Prozent ansteuern.

„Oberstes Therapieziel im vorgerückten Alter ist es, schwere Unterzuckerungen zu vermeiden“, betont Anke Bahrmann. Denn Hypoglykämien könnten zu gefährlichen Stürzen führen, förderten Herzrhythmusstörungen und Demenz. Hilfreich sei ein einfaches, übersichtliches Therapieschema. „Das kann gegebenenfalls auch bedeuten, möglichst lange an bekannten und eingeübten Therapien festzuhalten, da Änderungen – selbst gut gemeinte Vereinfachungen – bei Demenzkranken schnell zu Therapiefehlern führen können“, meint die DDG-Expertin.

Ob leckere Schokolade, kühler Orangensaft oder hausgemachter Kartoffelsalat – Besucher bringen gerne ein paar Köstlichkeiten ins Pflegeheim mit, die bei ihren Angehörigen für Freude und Appetit sorgen sollen. „Dagegen ist auch gar nichts einzuwenden“, sagt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vizepräsident der DDG. „Dies aber bitte unbedingt dem Pflegepersonal mitteilen, damit die Blutzuckereinstellung angepasst und Stoffwechselentgleisungen vermieden werden können.“ Die Krux: Ältere Menschen würden leicht vergessen, dass sie Süßigkeiten zu sich genommen haben. „Da kommt dann schnell ein gefährliches Übermaß an Zucker zusammen, zumal Demenzkranke die Geschmacksrichtung süß bevorzugen“, erklärt Professor Müller-Wieland.

Darüber hinaus könnten Angehörige die Behandlung mit einfachen Maßnahmen unterstützen. „Gut ist, gemeinsam spazieren zu gehen – so oft wie möglich“, empfiehlt Privatdozent Siegel. „Jede körperliche Aktivität ist besser als keine.“ Da 80 Prozent der Heimbewohner nicht in der Lage seien, ihre Füße selbst zu kontrollieren, sollten Angehörige dies übernehmen oder das Pflegepersonal darum bitten. „Regelmäßige Fußinspektionen sind wichtig, um ein diabetisches Fußsyndrom zu verhindern, das im schlimmsten Fall zur Amputation führen kann“, unterstreicht der DDG-Past-Präsident. Auch sollten Pflegebedürftige jedes Jahr auf Folgeerkrankungen, wie Polyneuropathie, Nierenschäden und Retinopathie, untersucht werden.

Etwas komplexer verhalte es sich mit der Kontrolle der Diabetestherapie. Ältere Diabetespatienten, die unter geistigen Beeinträchtigungen leiden, würden den Griff zum Insulinpen bisweilen vergessen oder sich doppelt spritzen. Wenn die Angehörigen nachfragen, könnten sie nicht immer mit zutreffenden Antworten rechnen – Demenzkranke versuchen mitunter, mentale Defizite zu kaschieren, indem sie die Situation überspielen. „Umso wichtiger ist es für Angehörige, Warnzeichen für Über- oder Unterzuckerung zu erkennen“, bekräftigt Dr. med. Anke Bahrmann. Dazu zählen vor allem Zittern, Schwitzen und innere Unruhe. „Es kommt auch vor, dass Verwandte Wesensveränderungen wahrnehmen, die sie als absonderlich empfinden“, fährt die DDG-Expertin fort. „Etwa, wenn eine Person, die immer sehr kontrolliert wirkt, plötzlich in einen derben Jargon verfällt.“ Auch Sehstörungen würden Anlass zur Besorgnis geben. Angehörige sollten das Pflegepersonal über solche Beobachtungen umgehend informieren.

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