Durchbruch in der Diabetes-Therapie: Medikament schützt auch vor Herz-Kreislauf-Tod und Übergewicht

Empagliflozin
Vorteil Empagliflozin: Blutdrucksenkung, Gewichtsreduktion, Senkung der Harnsäure, Verringerung des Bauchumfangs und auch eine gewisse entwässernde Wirkung trägt das Diabetesmittel mit in seinem Gepäck. © Dreadlock / Fotolia

Der Blutzuckersenker Empagliflozin schützt Typ-2-Diabetiker vor Komplikationen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, welche eine häufige Todesursache bei dieser Stoffwechselstörung sind. Zudem nehmen die Patienten ab und ihr Blutdruck sinkt. Dies zeigt jetzt eine klinische Studie, die nach Ansicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 maßgeblich verändern werde. Der Mehrfachschutz des Wirkstoffs sei bisher unerreicht und bringe den Patienten vielfach Vorteile, heißt es in einer Pressemitteilung der DDG.

In Deutschland erkranken etwa zwölf Prozent der Menschen an einem Typ-2-Diabetes, der auf einen Wirkungsverlust des Hormons Insulin zurückzuführen ist. Zu den Folgen gehören neben Schäden an Augen, Nieren und Nerven auch eine beschleunigte Verkalkung der Blutgefäße, die Atherosklerose. „Die Mehrzahl der Patienten mit Typ-2-Diabetes sterben frühzeitig an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall“, erläutert Professor Dr. med. Martin Hausberg, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL®. Bisher gelinge es selbst bei konsequenter Senkung des Blutzuckers bei Diabetes nicht, dies vollständig zu verhindern.

Die amerikanische Arzneimittel-Agentur FDA verlangt deshalb, alle neuen Diabetes-Medikamente im Rahmen des Zulassungsverfahrens darauf zu prüfen, dass sie hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht schaden beziehungsweise sicher sind. Eine dieser sogenannten Endpunkt- oder Outcome-Studien wurde jetzt auf der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm vorgestellt: „Der 2014 zugelassene Wirkstoff Empagliflozin aus der neuen Wirkstoffklasse der SGLT2-Hemmer zeigt nicht nur Sicherheit, sondern senkt sogar die relative Rate an Herz-Kreislauf-Tod um 38 Prozent, und auch die Gesamtsterblichkeit um 32 Prozent bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und bereits bestehender kardiovaskulärer Erkrankung“, betont DDG-Präsident Professor Dr. med. Baptist Gallwitz. Die Schutzwirkung trete bereits nach wenigen Monaten Therapie auf.

„Das Ausmaß der Protektion ist vergleichbar zu früheren Studien zur Cholesterinsenkung mit Statinen und zur Blutdrucksenkung mit ACE-Hemmern“, ergänzt Professor Dr. med. Martin Hausberg. Der Hypertonieexperte vermutet, dass der günstige Effekt mit dem multimodalen Wirkmechanismus von Empagliflozin zusammenhängt: Blutdrucksenkung, Gewichtsreduktion, Senkung der Harnsäure, Verringerung des Bauchumfangs, auch eine gewisse entwässernde Wirkung. Davon profitierten auch Menschen mit einer Herzmuskelschwäche, einer bedrohlichen Komplikation bei Diabetes mellitus. Sie mussten zu 35 Prozent seltener im Krankenhaus behandelt werden, wenn sie Empagliflozin einnahmen.

Die DDG spricht deshalb von einem Durchbruch in der Therapie. „Empagliflozin ist nach Metformin erst das zweite Diabetesmittel, für das eine Überlegenheit bezüglich kardiovaskulärer Endpunkte belegt werden konnte“, sagt Professor Dr. med. Jochen Seufert, Leiter der Abteilung Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Freiburg und Vorsitzender des Ausschusses Versorgungsforschung und Register der DDG. Für Metformin sei dies 1988 in der „UKPDS-Studie“ belegt worden. „Dies ist einer der Gründe, warum Metformin heute beim Typ-2-Diabetes das Mittel der ersten Wahl ist, mit dem die Therapie begonnen wird“, berichtet Seufert, der zugleich darauf hinweist, dass Empagliflozin auch aus diabetologischer Sicht günstige Nebeneffekte habe: „Viele übergewichtige Patienten verlieren unter der Therapie einige Pfunde, während es unter der Behandlung mit anderen Medikamenten oder auch mit Insulin oft zur Gewichtszunahme kommt.“

Beide Fachgesellschaften messen den Ergebnissen große Bedeutung zu und gehen davon aus, dass die Studienergebnisse auch international die Leitlinien zur Behandlung des Typ-2-Diabetes beeinflussen werden. Allerdings sei Empagliflozin im Gegensatz zu Metformin kein kostengünstiges Generikum. „Wir hoffen, dass die laufenden Preisverhandlungsverfahren im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes zu einer Einigung zwischen dem Hersteller und den Krankenkassen führen“, unterstreicht der DDG-Präsident. „Das Mittel ist für viele Menschen mit Diabetes, die bereits unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, ein großer Gewinn. Es wäre unverantwortlich, wenn wir unseren Patientinnen und Patienten aufgrund gesetzlicher Vorgaben und gescheiterter Preisverhandlungen Empagliflozin vorenthalten müssten“.

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