Deutschland, wie es isst? DDG äußert sich kritisch zum BMEL-Ernährungsreport 2016

Mit der Hilfe einer Telefonumfrage versucht das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die Ernährungsgewohnheiten in Deutschland zu beschreiben. Zusammengefasst sind die Ergebnisse im BMEL-Ernährungsreport 2016. Die Bilanz: das Gros der 1.000 Befragten schafft es, sich im Alltag gesund und ausgewogen zu ernähren. „Diese Darstellung des Ministeriums widerspricht fundamental der Ernährungsrealität in Deutschland“, moniert Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

BMEL-Ernährungsreport 2016
Laut BMEL-Ernährungsreport 2016 liegt gesunde Ernährung voll im Trend. Die DDG hält dagegen, spricht von einer „Beschönigung der Realität“. © photka / Fotolia


Der viel zu hohe Verbrauch von Zucker, Fett und Salz sowie die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Frauen und Zweidrittel der Männer übergewichtig seien, würden dabei übersehen. „Offensichtlich versucht das Ministerium mit dieser geschönten Darstellung dem dringenden politischen Handlungsbedarf auszuweichen“, betont Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der DDG. Außerdem würden mit suggestiven Fragestellungen erwünschte Ergebnisse bei der Befragung produziert.

So werde bei der Frage nach einer Besteuerung ungesunder Lebensmittel einseitig die Verteuerung hervorgehoben („sodass diese für den Verbraucher deutlich teurer werden“), aber nicht darauf hingewiesen, dass gleichzeitig eine Verbilligung gesunder Lebensmittel erfolgen sollte. Bei Nennung beider Aspekte – Verteuerung einerseits, Verbilligung anderseits – hätte sich vermutlich eine wesentlich höhere Zustimmung ergeben. Dass insgesamt dennoch 43 Prozent der Befragten einer Zucker-/Fettsteuer zustimmen, sei erstaunlich und als sehr positives Ergebnis zu werten.
Auch sei die in der aktuellen Diskussion häufig geforderte Einschränkung von an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung gar nicht abgefragt worden. Dies sei umso erstaunlicher, als aus verschiedenen Untersuchungen bekannt ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich dafür ausspricht.

Die Hauptforderung des Bundesernährungsministers Christian Schmidt ist die Einführung eines Schulfaches Ernährung – ein Postulat, das laut DDG nicht in dessen Kompetenz, sondern der Länder liegt. Andere Forderungen, die in den Kompetenzbereich der Bundesregierung fallen, darunter die Einführung einer klaren Lebensmittelkennzeichnung nach dem Ampelprinzip, eine Werbeeinschränkung für Kinderlebensmittel oder die Einführung einer Zucker-/Fettsteuer, würden dagegen von Christian Schmidt abgelehnt werden.

„Insgesamt ist die Umfrage ein Dokument der Beschönigung und der politisch gewollten Untätigkeit“, bilanziert Dr. Dietrich Garlichs. Der Bundesernährungsminister kopple sich von der internationalen Diskussion ab, wie sie etwa von der Weltgesundheitsorganisation WHO, der OECD, der World Obesity Federation und in renommierten Fachmedien geführt werde. Hintergrund: Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern sowie Erwachsenen werden inzwischen als das größte Gesundheitsrisiko weltweit eingestuft. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation WHO als auch die OECD sprechen in diesem Zusammenhang von einer globalen „Adipositas-Krise“.

Für oben genannte Umfrage hatte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft im Zeitraum vom 13. bis 28. Oktober 2015 insgesamt 1.000 Bundesbürger ab 14 Jahren mit computergestützten Telefoninterviews befragt. Ausgewählte Ergebnisse des Ernährungsreports waren am 5. Januar 2016 der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

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