Flüchtlinge mit Diabetes: Gesetzgebung, Sprache und Kultur fordern Behandler und Berater heraus

Flüchtlinge mit Diabetes
Parallel mit der aktuellen Flüchtlingsbewegung steigt die Anzahl der Diabetiker mit Migrationshintergrund weiter. © Dieter Schütz / pixelio.de

Fast ein Fünftel aller in Deutschland lebenden Menschen hat einen Migrationshintergrund. Laut Schätzungen sind etwa 600.000 von ihnen an Diabetes mellitus erkrankt. Parallel mit der aktuellen Flüchtlingsbewegung steigt die Anzahl der Diabetiker mit Migrationshintergrund weiter. Am 1. November soll das Asyl-Beschleunigungsgesetz in Kraft treten, das unter anderem die Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge vorsieht. Wie und unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen Ärzte, Diabetesberater und -assistenten Menschen mit Diabetes und Migrationshintergrund beraten und schulen können, diskutieren Experten unter anderem im Rahmen des Symposiums „Diabetes und Migranten – Besonderheiten in Therapie und Behandlung“, das im Verlauf der neunten Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) vom 6. bis 7. November im Congress Center Düsseldorf (CCD) stattfindet.

„Wir begrüßen die geplante Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge“, betont Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der DDG. Allerdings sei vielen Ärzten unklar, inwiefern sie chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus behandeln dürfen, wenn Flüchtlinge nicht „akut erkrankt sind und Schmerzzustände haben“. Denn so lautet die bundeseinheitliche Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) nach §4 und §6 als Voraussetzung für eine medizinische Behandlung. „Wir sollten einen Diabetes aber nicht erst dann behandeln dürfen, wenn ein Flüchtling als Notfall, zum Beispiel aufgrund einer schweren Unterzuckerung, zu uns kommt“, fordert Professor Gallwitz.

In der Praxis stellen auch Sprachbarrieren und kulturelle Besonderheiten das medizinische Fachpersonal vor besondere Herausforderungen. Behandelnde Ärzte und das Diabetes-Schulungspersonal müssen bei der Diagnose, Therapie, Beratung und Schulung von Menschen mit Diabetes und Migrationshintergrund auf deren sprachlichen und kulturellen Unterschiede eingehen. Wie bereits erwähnt, richtet die Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Migranten“ der DDG im Verlauf der Diabetes Herbsttagung 2015 zu diesem Thema ein Symposium aus.

„Die AG möchte mit diesem Symposium unter anderem die Diskussion über die Fragestellung ‚Wie können wir eine kultursensible Schulung und Beratung im Rahmen des Disease-Management-Programms (DMP) für Diabetes Typ 2 erreichen?‘ nachhaltig anstoßen“, erläutert Faize Berger, Vorsitzende des Symposiums der AG „Diabetes und Migranten“. Die Themen werden zum ersten Mal in dieser Form in Deutschland auf einer Fachveranstaltung diskutiert. Ergänzt wird das Symposium mit dem Workshop „Zu kulturellen Besonderheiten bei Diabeteserkrankungen“. In diesem werden anhand von Beispielen aus dem Alltag Herausforderungen verdeutlicht sowie Lösungen aufgezeigt.

Um eine bessere und kultursensible Schulung und Beratung von Migranten mit Diabeteserkrankung zu fördern, hat die DDG außerdem eine neue Website kreiert, auf der unter anderem Diabetes-Informationsmaterial in verschiedenen Fremdsprachen zur Verfügung gestellt wird.

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