Inkontinenz bei Diabetes mellitus: Blasen- und Darmschwäche beim Arzt ansprechen

Ein Gros der Menschen, das unter Inkontinenz leidet, begreift die Erkrankung als Tabu-Thema, spricht nicht darüber. H.D.Volz / pixelio.de
Ein Gros der Menschen, das unter Inkontinenz leidet, begreift die Erkrankung als Tabu-Thema, spricht nicht darüber.©H.D.Volz / PIXELIO

Hilflosigkeit, Verzweiflung, Scham, Angst, Frustration: Inkontinenz ruft bei Betroffenen die verschiedensten negativen Gefühle hervor und schränkt ihre Lebensqualität stark ein. Viele verschweigen diese Erkrankung selbst vor Angehörigen, weil sie diese als Tabu-Thema begreifen. Dabei leiden in Deutschland – Schätzungen zufolge – etwa fünf bis acht Millionen Menschen unter Inkontinenz, darunter auch zahlreiche Diabetiker. Kann der Umgang mit Diabetes alleine schon belastend sein, führt eine Folgeerkrankung wie Blasenschwäche häufig zu Depressionen und sozialer Isolation. Darauf macht diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe aufmerksam und ermutigt Betroffene, mit ihrem behandelnden Diabetologen darüber zu sprechen.

Wie viele Menschen mit Diabetes genau an Inkontinenz leiden, ist unklar. Denn die Hemmschwelle, als Betroffener darüber zu sprechen, ist sehr hoch. Fakt ist: Inkontinenzprobleme nehmen mit dem Lebensalter zu. Laut Angaben des Robert-Koch-Instituts ist bei den über 70-Jährigen circa jeder Dritte betroffen; Frauen häufiger als Männer. „Eine häufige Ursache sowohl für Beschwerden des Magen-Darm-Traktes als auch des Harnweges sind Nervenschädigungen, die diabetische Neuropathie“, sagt Professor Dr. med. Thomas Haak, Vorstandsmitglied von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und Chefarzt des Diabetes Zentrums Mergentheim in Bad Mergentheim.

Hintergrund: Eine diabetische Neuropathie tritt vor allem auf, wenn die Blutzuckerwerte dauerhaft zu hoch sind. Geschädigte Nerven können das Signal für eine volle Harnblase nicht mehr an das Gehirn weiterleiten. Betroffene verlieren somit das Gefühl dafür, wann ihre Blase voll ist, die Blasenwand wird überdehnt und verliert an Kraft. Dies wiederum schwächt den Muskel, der beim Wasserlassen für die Entleerung der Harnblase zuständig ist, wodurch unbemerkt Restharn in der Blase verbleibt. „Er kann zu Harnwegsinfekten oder gar zu einer Überlaufinkontinenz führen, bei der die Blase tröpfchenweise Urin verliert. Ebenso kann eine Stuhlinkontinenz Folge einer Nervenschädigung sein, aufgrund derer Betroffene ihren Darminhalt nicht mehr halten können“, erklärt Haak.

Die körperlichen Beschwerden gehen oft mit einer großen psychischen Belastung einher, weiß der Diabetologe zu berichten: „Vielen Betroffenen ist ihre Inkontinenz so peinlich und unangenehm, dass ihre Lebensqualität stark einschränkt ist“. Aus Angst, jemand könnte die Erkrankung bemerken, traue sich so mancher kaum noch aus dem Haus und spreche selbst gegenüber der Familie oder dem behandelnden Arzt das Thema nicht an. „Um die Beschwerden behandeln zu können, ist ein Austausch mit dem Diabetologen darüber jedoch sehr wichtig“, betont Haak. Denn durch eine gute Blutzuckereinstellung, Beckenbodentraining, Medikamente, harnableitende Techniken oder auch eine Operation könne Inkontinenz vermieden beziehungsweise gelindert werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert