Neues Positionspapier der DDG: Wie Diabetespatienten den Klinikaufenthalt ohne Komplikationen überstehen

Drei von zehn Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden, haben erhöhte Blutzuckerwerte – häufig, ohne es zu wissen. Ein Diabetes mellitus gefährdet jedoch die Genesung, wenn er nicht erkannt oder nicht richtig mitbehandelt wird. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) gibt deshalb in einem Positionspapier eine Reihe von Empfehlungen, die Ärzte bei der stationären Betreuung von Diabetespatienten unterstützen sollen. Ziel ist die Vermeidung von schweren Komplikationen, Medikationsfehlern und verlängerten Liegezeiten.

Übergewicht, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel, aber auch eine zunehmende Lebenserwartung führen dazu, dass immer mehr Menschen in Deutschland an Diabetes leiden. „Derzeit nimmt die Zahl der Menschen mit Diabetes in Deutschland jährlich um 300.000 zu“, berichtet Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, DDG-Präsident und Mitautor des Positionspapiers.

Positionspapier der DDG
Drei von zehn Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden, haben erhöhte Blutzuckerwerte – häufig, ohne es zu wissen. © DOC RABE Media/Fotolia


Betroffen sind meist ältere und kranke Menschen. Dies erklärt den hohen Anteil von Krankenhauspatienten mit Diabetes, der derzeit bei dreißig Prozent liegt. Davon kommen aber die wenigsten wegen ihres Diabetes zur Behandlung in die Klinik. „Der Diabetes ist in der Regel dann eine Nebendiagnose, im Vordergrund stehen Eingriffe etwa an Hüfte oder Herz“, erläutert Professor Gallwitz. Dennoch sei der Diabetes aber immer auch ein Warnhinweis, da die Behandlung von Menschen mit Diabetes im Krankenhaus häufig Probleme aufwerfe – vor allem wenn eine Operation anstehe.

So komme es bei Diabetespatienten nach Operationen häufig zu Komplikationen. „Die Wundheilung ist verzögert, die Gefahr von Infektionen steigt“, meint der DDG-Präsident. Bei vielen Diabetespatienten seien Herz und Nieren vorgeschädigt, das Risiko von Durchblutungsstörungen und Thrombosen damit erhöht. Zugleich werde die Dosierung von Medikamenten unter der Narkose erschwert. „Insgesamt haben Diabetespatienten ein um fünfzig Prozent erhöhtes Risiko, an den Folgen einer Operation zu sterben.“

Auch die Diagnostik- und Operations-bedingten Nahrungspausen können zu Problemen führen. Der Körper greift in dieser Situation auf Reserven zurück, und es kommt zur Freisetzung von Hormonen, die den Blutzucker ansteigen lassen. Bei Diabetespatienten fällt diese Reaktion häufig extrem aus. „Sehr viel hängt dann von der richtigen Dosierung der blutzuckersenkenden Medikamente ab“, erklärt Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel vom St. Josefskrankenhaus Heidelberg. Eine zu hohe Dosis könne rasch zur Hypoglykämie führen, einer lebensgefährlichen Unterzuckerung. „Fehler bei der Dosierung von Insulin sind häufig. Insulin gehört zu den Top-5-Hochrisiko-Medikamenten bei stationären Patienten.“ Ein Drittel aller Medikationsfehler mit Todesfolge innerhalb von 48 Stunden seien auf eine fehlerhafte Insulinverabreichung zurückzuführen.

In ihren neuen Empfehlungen gibt die DDG daher genaue Anweisungen zur Insulinbehandlung vor und nach Operationen. Die Ärzte erfahren, welche Medikamente sicher und welche Wirkstoffe riskant sind. „Metformin beispielsweise, der am häufigsten eingesetzte Blutzucker-Senker beim Typ-2-Diabetes, sollte 48 Stunden vor einem Eingriff abgesetzt werden“, unterstreicht Siegel. Diese Karenzzeit gilt auch für Kontrastmittel-Untersuchungen, die sonst die Niere schädigen könnten. Grund: Metformin wird über die Nieren ausgeschieden, und bei einem zu hohen Anstieg der Blutkonzentration kann es – allerdings in sehr seltenen Fällen – zur Laktatazidose kommen, einer lebensgefährlichen Übersäuerung des Blutes.

Die DDG rät, nach Möglichkeit auf eine Narkose zu verzichten und die Operation unter Regionalanästhesie durchzuführen. „Wenn möglich, sollte ein Facharzt den Blutzucker in den Wochen vor der Operation einstellen“, so Professor Gallwitz. Ist die Stoffwechselsituation ungünstig – etwa wenn der Langzeitblutzuckerwert HbA1c auf über 8,5 Prozent gestiegen ist – muss eine Verschiebung des Eingriffs erwogen werden. Jede Stoffwechsel-Optimierung erhöht die Chancen, dass die Patienten den Operationsstress gut überstehen und frühzeitig nach Hause entlassen werden können.

Das „Positionspapier der DDG zur Therapie des Diabetes mellitus im Krankenhaus“ umfasst 102 Seiten. Ärzte und interessierte Laien können es auf der Homepage der Deutschen Diabetes-Gesellschaft kostenlos als PDF-Datei herunterladen.

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