„Berliner TransitionsProgramm”: Junge Typ-1-Diabetiker von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin begleiten

In Deutschland leiden etwa 30.500 Kinder und junge Erwachsene unter 19 Jahren an Diabetes Typ 1. Diabetes mellitus ist hierzulande die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. Gut eingestellt können Typ-1-Diabetiker ein Leben ohne Einschränkungen führen. Doch beim Übergang – der sogenannten Transition – von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin kommt es häufig zu Versorgungslücken. Einer Studie zufolge gelingt 40 Prozent der Betroffenen dieser Transfer nicht: Die ärztliche Betreuung findet nur noch sporadisch, in manchen Fällen gar nicht mehr statt.

Das „Berliner TransitionsProgramm” (BTP) soll den Übergang junger chronisch Kranker in die Erwachsenenmedizin verbessern. Es ist das erste seiner Art und dient als Vorlage für ein bundesweit einheitliches Transitionskonzept. Auch in Bad Mergentheim entsteht derzeit ein Konzept für junge Menschen mit Typ-1-Diabetes.

„Berliner TransitionsProgramm”
Diabetes mellitus ist hierzulande die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. © ehrenberg-bilder/Fotolia


Die Transition von der pädiatrischen in die internistische Diabetesbetreuung trifft junge Typ-1-Diabetiker im Alter von 16 bis 21 Jahren. „Diese Lebensphase mit tiefgreifenden Veränderungen, wie zum Beispiel Ausbildungsbeginn, erste Liebe oder Auslandsaufenthalte, ist schon für stoffwechselgesunde Heranwachsende schwierig“, meint Professor Dr. phil. Dipl.-Psych. Bernhard Kulzer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), vom Diabetes Zentrum Mergentheim in Bad Mergentheim. „Aber junge Menschen mit Typ-1-Diabetes belastet zusätzlich die Suche nach neuen Ärzten, das Koordinieren und Einhalten von Terminen und die geringere Betreuung und Fürsorge als beim Kinderarzt.“

Vielen gelinge es nicht, die kontinuierliche Betreuung in der Erwachsenenmedizin aufrechtzuerhalten. Folgeerkrankungen und Komplikationen können Jahre später die Konsequenz sein. „Einer Studie zufolge verlieren 40 Prozent der Patienten mit Diabetes Typ 1 nach dem Transfer in die Erwachsenenmedizin den Kontakt zur diabetologischen Betreuung“, erläutert Dr. med. Silvia Müther, Leiterin des Diabeteszentrums für Kinder und Jugendliche an den DRK Kliniken Berlin|Westend. „Auch das Risiko für eine schlechtere Blutzuckereinstellung steigt nach dem Transfer deutlich an. In einer anderen Studie wiesen Jugendliche nach dem Transfer ein 2,5-fach erhöhtes Risiko für einen schlechteren Langzeitblutzuckerwert auf als jene, die noch pädiatrisch behandelt wurden.“

Das „Berliner TransitionsProgramm”, ein Projekt der DRK Kliniken Berlin, das gemeinsam mit dem IGES Institut mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung entwickelt wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, den Übergang von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin für chronisch Kranke zu verbessern. Das BTP ist das erste seiner Art, das von den Krankenkassen finanziert wird und inzwischen bundesweit angeboten wird. Kernelement des Programms ist ein zentrales Fallmanagement, das durch speziell qualifizierte Mitarbeiter den Transitionsprozess über den gesamten Zeitraum von zwei Jahren steuert. Auch in der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim entsteht derzeit ein spezielles, interdisziplinäres, multimodales, stationäres Interventionskonzept für diese Zielgruppe.

Quellen:

  • Pai A. L. H., Ostendorf H. M. (2011): Treatment adherence in adolescents and young adults affected by chronic illness during the health care transition from pediatric to adult health care: A literature review. Children’s Health Care 40(1), S. 16–33.
  • Van Walleghem N., MacDonald C. A., Dean H. J. (2011): The Maestro Project: A Patient Navigator for the Transition of Care for Youth With Type 1 Diabetes. Diabetes Spectrum 24(1), S. 9–13.
  • Lotstein D. S. et. al. (2013): Transition From Pediatric to Adult Care for Youth Diagnosed With Type 1 Diabetes in Adolescence. Pediatrics. Official Journal of the American Academy of Pediatrics 131(4): e1062-70. 25. März 2013 [vorab elektronisch veröffentlicht] DOI: 10.1542/peds.2012-1450.

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